Mathematik
Ursprünglich war die Mathematik die Wissenschaft von den Mengen, Größen und Eigenschaften der Körper oder Zahlen, hervorgegangen aus praktischen Fragestellungen: Zählen, Messen und Rechnen. Anfänglich setzte man bestimmte Eigenschaften von Zahlen und geometrischen Figuren voraus, von denen ausgehend man dann erst die Gesetzmäßigkeiten erforschte (Rechenregeln, Lösungswege für Gleichungen u.a.). Heute ist die Aufgabe der Mathematik die Bereitstellung von Modellen als notwendige Grundlage der exakten Wissenschaften, der Technik, Statistik usw. Die Mathematik ist gekennzeichnet durch strenge Beweisführung und gründet sich auf logische Strukturen von Definitionen und Axiomen.
Teilgebiete
Es ist nicht einfach, die vielfältigen Teilgebiete der Mathematik voneinander zu trennen, da ihre Gebiete zusammenwirken und viele Methoden und Prinzipien in allen Bereichen zu finden sind. Die klassische Mathematik wird unterteilt in die Lehre von den Körpern (Geometrie), von den Zahlen (Arithmetik) und von deren Gesamtheit (Algebra). Die Analysis untersucht mit den Methoden der Differenzial- und Infinitesimalrechnung veränderliche Größen und Grenzwerte.
Die Teilgebiete der modernen Mathematik betonen die mathematischen Beziehungen. Ihre Aufgabe besteht in der Aufstellung von Axiomen, Definitionen, Postulaten und Vorschriften. Zwischen den einzelnen Bereichen gibt es zahlreiche Überschneidungen. Wichtige Disziplinen sind Wahrscheinlichkeitsrechnung, Statistik, Mengenlehre, Kombinatorik, Vektorrechnung, numerische Mathematik und Topologie. In Zusammenhang mit der Computertechnik entstanden Computeralgebra und Technomathematik. Zu einer eigenständigen Disziplin entwickelte sich in den 1960er Jahren die Informatik, die Programmiersprachen, Algorithmen und elektronische Rechenanlagen entwickelt, durch die Probleme gelöst werden können, die bislang viel zu zeitaufwändig und zu komplex waren.
Geschichte
Frühgeschichte und Antike
Die Mathematik gilt als eine der ersten Wissenschaften überhaupt. Die ältesten Zeugnisse höherer Mathematik finden sich bei den Babyloniern und Ägyptern. Sie beschäftigten sich vor allem mit der Landvermessung und der Verwaltung. Diese im Wesentlichen anwendungsbezogene Mathematik wurde von den Griechen zu einer theoretischen Wissenschaft entwickelt.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. machten Pythagoras von Samos (570-495 v. Chr.) und seine Schüler wichtige Entdeckungen zur Zahlentheorie. Euklid von Alexandria (360-300 v. Chr.) verfasste um 300 v. Chr. in Alexandria sein 13-bändiges Werk »Die Elemente« über die Mathematik, in dem er die Geometrie mathematisch bewiesen und axiomatisch darstellt. Die so genannte euklidische Geometrie war bis ins 19. Jahrhundert gültig. Von dem Mathematiker Archimedes von Syrakus sind wichtige Werke über Stereometrie, Arithmetik und Geometrie überliefert. Apollonios von Perge (262-190 v. Chr.) schuf mit seiner Schrift »Conica« ein wichtiges Grundlagenwerk für die Geometrie. Diophantos (um 250 n. Chr.) erstellte allgemeine Regeln zum Lösen von Gleichungen und zum Rechnen mit Potenzen.
Ausgehend von Astronomie und Navigation entwickelten die Griechen die Trigonometrie zu einer wichtigen Disziplin (Hipparch, Ptolemäus). Arabische Gelehrte wie Abu Dscha'far Muhammad ibn Musa al-Chwarizmi (780-835) machten große Fortschritte auf dem Gebiet der Algebra.
Mittelalter und Neuzeit
Die Mathematik des Mittelalters beruhte auf den Erkenntnissen der Griechen und Araber. Im 13. Jahrhundert führte der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci (1170-1250) das dezimale Zahlensystem in Europa ein.
Seit der Renaissance gab es neue Entwicklungen: der deutsche Rechenmeister Adam Riese (1492-1559) war für die Verbreitung des schriftlichen Rechnens mit arabischen Zahlen und für die Verbreitung des Abakus in Deutschland verantwortlich. Wichtige Fortschritte wurden auch von Gerolamo Cardano (1501-1576) auf dem Gebiet der Gleichungslehre gemacht. Regiomontanus (1436-1476) schuf mit seiner auf arabischen Quellen beruhenden Dreieckslehre den Ausgangspunkt für die moderne Trigonometrie. Die Geometrie machte Fortschritte parallel zur Entwicklung der Perspektive in der Renaissance-Malerei. Die moderne oder projektive Geometrie entwickelte 1639 Gerhard Desargues (1591-1661). Der französischer Mathematiker Blaise Pascal (1623-1662) legte die Grundlagen für die analytische Geometrie.
Pierre de Fermat (1607-1665) begründete unabhängig von Pascal die moderne Zahlentheorie und die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Im 17. Jahrhundert erfolgte auch die Einführung der Logarithmen durch den schottischen Mathematiker John Napier (1550-1617). Der französische Philosoph und Mathematiker René Descartes (1596-1650) entwickelte die analytische Geometrie. Unabhängig voneinander erfanden Isaak Newton (1643-1727) und Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) basierend auf früheren Arbeiten die Infinitesimalrechnung. Am Ende des 18. Jahrhunderts lieferte der Schweizer Mathematiker Leonhard Euler (1707-1783) wichtige Beiträge zur abstrakten Zahlentheorie und untersuchte die trigonometrischen Funktionen.
19. und 20. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert brachte eine Weiterentwicklung der Arithmetik und Algebra: Carl Friedrich Gauß (1777-1855) veröffentlichte 1801 ein bedeutendes Werk zur Theorie der komplexen Zahlen. Évariste Galois (1811-1832) gilt als Begründer der Gruppentheorie. Der deutsche Mathematik Georg Cantor (1845-1918) begründete die Mengenlehre, George Boole (1815-1864) erarbeitete eine Methode zur Darstellung logischer Probleme mit mathematischen Symbolen (Boolesche Algebra). David Hilbert (1862-1943) leistete Beiträge zu vielen Gebieten der Mathematik; insbesondere sein Überblick über ungelöste Rechenprobleme (1900) bestimmte die Mathematik des 20. Jahrhunderts. Allgemein war diese gekennzeichnet durch eine Wendung zur Grundlagenforschung und zur Systematisierung. Die nichteuklidische Geometrie bildete im 20. Jahrhundert die Grundlage für die allgemeine Relativitätstheorie.
Von großer Bedeutung für viele mathematische Gebiete war die Entwicklung des Computers; mit seiner Hilfe konnten viele bisher ungelöste Fragen beantwortet werden.
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